Digitale Barrierefreiheit

Digitale Barrierefreiheit auf Websites

Stand: Jun 2024

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Digitale Barrierefreiheit ist wichtig. Dennoch bleibt für viele Unternehmer unklar, was genau zu tun ist, um ihre Website für jeden Benutzer zugänglich zu machen. In diesem Artikel erfahren Sie, was Sie zur digitalen Barrierefreiheit Ihrer Website wissen müssen.

Barrierefreiheit ist nicht nur im Alltag wichtig, sondern spielt auch im Internet eine große Rolle. Nicht nur Menschen mit körperlichen oder kognitiven Einschränkungen leiden unter den Barrieren im Internet. Digitale Barrierefreiheit betrifft jeden einzelnen Nutzer. Für Sie als Unternehmer bedeutet das, dass nur auf einer barrierefreien Website alle Ihre Besucher mit Ihren Inhalten interagieren können.

Doch was bedeutet digitale Barrierefreiheit, welche Barrieren gibt es und wie können Sie Ihre Website für jeden Nutzer zugänglich machen? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie in diesem Artikel. 

1. Rechtliches: Die Pflicht zur digitalen Barrierefreiheit

1.1 Das Barriere­freiheits­stärkungs­gesetz (BFSG)

Digitale Barrierefreiheit auf einen Blick

  • Ab dem 28. Juni 2025 müssen alle Websites, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten, barrierefrei sein.
  • Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet deutsche Unternehmen zur digitalen Barrierefreiheit nach dem European Accessibility Act (EAA).
  • Dies umfasst auch die Drittanbieter-Software, die Sie auf Ihrer Website oder in Ihrem Online-Shop verwenden.

Umfang der gesetzlichen Anforderungen für digitale Barrierefreiheit

Neben Websites betrifft das Gesetz auch Apps und Online-Shops. Alle digitalen Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr müssen barrierefrei sein. Unternehmen müssen ihre Kunden zudem über die Barrierefreiheit ihrer Produkte und Dienstleistungen informieren. Auch Identifizierungs-, Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen müssen barrierefrei sein.

Alles, was digital zum Abschluss eines Verbrauchervertrags gehört, muss barrierefrei sein. Dies betrifft Bezahlfunktionen ebenso wie Kontaktformulare oder Online-Terminvereinbarungen.

1.2 Frist für digitale Barrierefreiheit

Das Gesetz gilt für Online-Shops, Websites und Software. Sie müssen bis zum 28.06.2025 barrierefrei sein, um dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz zu entsprechen.

2. Was ist digitale Barrierefreiheit auf Websites?

Auf Websites bezogen bedeutet digitale Barrierefreiheit, dass die Website auch für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein muss.

Was bedeutet das im Einzelnen?

  • Wahrnehmbar: Informationen und Interface müssen von allen Nutzer aufgenommen werden können – also auch dann, wenn Nutzer sie mit einzelnen Sinnen nicht erfassen können.
  • Bedienbar: Alle Funktionen der Website müssen für sie bedienbar sein. Das Interface darf keine Aktionen verlangen, die manche Nutzer nicht durchführen können.
  • Verständlich: Alle Informationen und die Art und Weise der Bedienung müssen für die Nutzer leicht nachvollziehbar sein.
  • Robust: Wahrnehmung und Nutzung der Website muss mit einer großen Zahl von Geräten zuverlässig möglich sein.

Eine Website, die eine dieser vier Prinzipien nicht erfüllt, ist für Nutzer mit Beeinträchtigungen möglicherweise nicht nutzbar und gilt damit nicht als barrierefrei.

2.1 Wer profitiert von digitaler Barrierefreiheit?

Digitale Barrierefreiheit ist nicht nur für Menschen mit physischen und kognitiven Beeinträchtigungen wichtig. Es gibt viele Situationen, in denen jeder von uns auf barrierefreie Websites angewiesen ist.

Diese Einschränkungen können in verschiedenen Phasen zu Problemen bei der Nutzung einer Website führen. Man unterscheidet deshalb bei Beeinträchtigungen zwischen

  • dauerhaften,
  • temporären (zeitweilig auftretenden),
  • situationalen (situationsbedingten).

Vier Typen von Beeinträchtigungen müssen bei barrierefreien Websites berücksichtigen werden:

  • Motorisch / sensorisch
  • Visuell
  • Auditiv
  • Kognitiv

Zur besseren Anschaulichkeit haben wir einige typische Beispiele für Beeinträchtigungen unterschiedlicher Art in dieser Übersicht zusammengestellt.

Beispiele für Beeinträchtigungen: Digitale Barrierefreiheit ist nicht nur für Menschen mit physischen oder kognitiven Beeinträchtigungen wichtig. Es gibt viele Situationen, in denen jeder von uns auf barrierefreie Websites angewiesen ist.
Beispiele für Beeinträchtigungen: Digitale Barrierefreiheit ist nicht nur für Menschen mit physischen oder kognitiven Beeinträchtigungen wichtig. Es gibt viele Situationen, in denen jeder von uns auf barrierefreie Websites angewiesen ist.

2.2 Deshalb ist digitale Barrierefreiheit für Ihre Website wichtig

Menschen mit Sehbeeinträchtigungen: Knapp 5 % der Weltbevölkerung hat eine Sehbeeinträchtigung. Über 300 Millionen Menschen weltweit erleben Barrieren im Internet aufgrund von Seheinschränkungen.

Menschen mit Rot-Grün-Schwäche: Fast jeder 10. Mann hat eine Rot-Grün-Schwäche. Barrieren entstehen, wenn Informationen nur über Farben kommuniziert werden, z. B. bei Fehler- und Erfolgsmeldungen in Rot und Grün.

Ältere Menschen: Jeder zweite Mensch wird bald über 50 Jahre alt sein. Mit einer älter werdenden Gesellschaft steigen auch die altersbedingten (Seh-)Erkrankungen.

Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen: 2 % der Weltbevölkerung hat eine kognitive Beeinträchtigung. Menschen mit kognitiven Einschränkungen profitieren vom Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.

2.3 Ihre Vorteile von der digitalen Barrierefreiheit

Mehr Kunden erreichen: Mit einer barrierefreien Website erreichen Sie eine breitere Zielgruppe. In Deutschland leben 7,8 Millionen Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung (Stand: Ende 2021). Eine barrierefreie Website ist die Grundlage für eine erfolgreiche Online-Kommunikation.

Zufriedenere Kundschaft: Eine benutzerfreundliche Website führt Nutzer schneller und effizienter zum Ziel. Dies gilt für Menschen mit Behinderung und auch für Nutzer, die Ihre Website auf dem Smartphone besuchen.

Verbesserte Bedienbarkeit: Barrierefreie Elemente verbessern die Bedienbarkeit für alle. Ein hoher Kontrast hilft Menschen mit Sehbehinderung und auch Menschen ohne Sehbehinderung, die ihr Smartphone bei hellem Licht nutzen.

Größere Reichweite: Suchmaschinen belohnen digitale Barrierefreiheit. Eine nutzerfreundliche und zugängliche Website wird bei Google & Co. besser gefunden.

Erfüllung gesetzlicher Vorgaben: Der Zugang zu Informationen ist ein Menschenrecht laut UN-Behindertenrechtskonvention. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt in Deutschland 2025 in Kraft und verpflichtet zu Mindeststandards der digitalen Barrierefreiheit im Internet.

Förderung digitaler Teilhabe: Ein barrierefreier Online-Auftritt zeigt soziale Verantwortung und fördert die digitale Teilhabe. Sie erreichen Menschen mit und ohne Behinderung und tragen zu einer inklusiveren Gesellschaft bei.

Digitale Barrierefreiheit: Wahrnehmung und Nutzung der Website von Personen mit Sehstörungen
Digitale Barrierefreiheit: Wahrnehmung und Nutzung der Website von Personen mit Sehstörungen. ©shutterstock.com

3. Für welche Websites gilt das BSFG?

Banken, Personenbeförderungs-Dienstleister und Mediendienste müssen ihre Websites mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz auf jeden Fall barrierefrei gestalten; das Gleiche gilt außerdem für alle Unternehmen, die Online-Handel betreiben, also über ihre Websites Produkte oder Dienstleistungen verkaufen.

Ebenso können auch Formulare zur Kontaktaufnahme, Terminbuchung und andere Interaktionsmöglichkeiten dazu gezählt werden.

3.1 Die Ausnahmen von der digitalen Barrierefreiheit

Wie bei den meisten Gesetzen gibt es auch hier einige Ausnahmen.

Erste Ausnahme: Sie sind ein kleiner Dienstleister

Nach § 2, Nr. 17 BFSG sind Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, nicht verpflichtet, ihren Online-Auftritt barrierefrei zu gestalten, wenn das Unternehmen:

  • weniger als 10 Personen beschäftigt und
  • einen Jahresumsatz von höchstens 2 Mio. € erzielt oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Mio. € hat.

Diese Ausnahmeregelung gilt nicht für Unternehmen, die Produkte online verkaufen, digitale Formulare zur Kontaktaufnahme oder Buchung von Terminen anbieten.

Zweite Ausnahme: Das Gesetz ist eine zu große Belastung

Wenn Sie der Meinung sind, dass die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen eine unverhältnismäßige Belastung für Ihr Unternehmen darstellen, können Sie eine Ausnahme beantragen.

Dazu müssen Sie einen Antrag bei der zuständigen Marktüberwachungsbehörde stellen.

Es ist jedoch zu beachten, dass Ausnahmen nur in seltenen Fällen gewährt werden und eine große Hürde darstellen. Die zuständige Behörde wird Ihren Antrag sorgfältig prüfen, um sicherzustellen, dass die digitale Barrierefreiheit nicht aus reiner Bequemlichkeit vernachlässigt wird. Für Unternehmen, die mit Produkten befasst sind, die unter das BFSG fallen, gibt es keine entsprechende Ausnahmeregelung.

4. Wie wird meine Website barrierefrei?

Elemente, die optimiert werden sollten, damit alle Menschen Ihre Website nutzen können und die Anforderungen an digitale Barrierefreiheit erfüllt sind:

  • Bilder und Grafiken für digitale Barrierefreiheit:

Bildern und Grafiken müssen Bildbeschreibungen enthalten, damit auch Menschen mit Sehbehinderungen alle Elemente erfassen können.

  • Videos und Audiodateien für digitale Barrierefreiheit:

Bei audiovisuellen Medien helfen Untertitel, Audiodeskriptionen oder Videos in Gebärdensprache.

  • Texte und Überschriften für digitale Barrierefreiheit:

Geschriebenes in einfacher oder leichter Sprache trägt dazu bei, dass alle Menschen Ihre Inhalte besser verstehen.

  • Die Beibehaltung der korrekten HTML-Struktur für digitale Barrierefreiheit:

Entwickler müssen darauf achten, sauberes und gültiges HTML zu schreiben, das den empfohlenen Standards entspricht. Dies beinhaltet die Verwendung geeigneter Tags, Elemente und Attribute, um den Inhalt korrekt und semantisch zu strukturieren.

  • Gewährleistung der Bedienbarkeit der Website mit assistiven Technologien:

Entwickler müssen sicherstellen, dass die Website mit assistiven Technologien kompatibel ist. Dazu zählen beispielsweise Screenreader, die von Personen mit Sehbeeinträchtigungen eingesetzt werden.

Um eine Website für einen Screenreader lesbar zu machen, muss die Website sinnvoll gegliedert sein, richtige Beschriftungen für Buttons und Links aufweisen und Dead-Ends vermeiden, wie zum Beispiel Modale, die nicht mit der Tastatur zu schließen sind.

  • Die ordnungsgemäße Nutzung von WAI-ARIA für digitale Barrierefreiheit:

WAI-ARIA (Web Accessibility Initiative – Accessible Rich Internet Applications) ist eine Sammlung von Attributen, die die Zugänglichkeit von Webinhalten für Benutzer mit Behinderungen verbessern.

Entwickler sollten diese Attribute richtig verstehen und implementieren, um zusätzlichen Kontext bereitzustellen und die Benutzererfahrung für unterstützende Technologien zu verbessern.

4.1 Website auf digitale Barrierefreiheit testen

Es gibt in Deutschland eine offizielle Prüfstelle: BIK BITV. Hier können Sie die digitale Barrierefreiheit Ihrer Website auf BITV-Konformität und WCAG-Konformität testen lassen.

Wer sich testen lässt, kann sich ein offizielles Siegel auf die Seite packen, welches besagt, dass man barrierefrei ist. Dieses Siegel beschreibt aber nur einen bestimmten Zeitpunkt, zu dem man barrierefrei war. Das bedeutet, dass es nur Gültigkeit hat, wenn man danach wirklich nichts mehr oder nur wenig auf der Seite verändert.

Wer kontinuierlich an seiner Seite, seinem Shop oder seiner Software arbeitet, hat von so einem Test recht wenig.

Man kann das Siegel für Marketingzwecke nutzen, aber ansonsten ist damit nicht viel gewonnen.

Außerdem kostet so ein BITV-Test bei kleinen Seiten im Durchschnitt zwischen 3.000 € und 5.000 €. Der Betrag muss in der Regel öfter bezahlt werden, da in den ersten Durchläufen meistens Fehler entdeckt werden.

Darum sollte man seine Seite lieber selbst testen, z. B. hier. Hier können Sie die Test-Kriterien im Detail anschauen.

5. Was kostet eine barrierefreie Website?

Was die barrierefreie Umsetzung einer Website kostet, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Wie barrierearm ist die Website schon jetzt? 
  • Wie umfangreich ist die Website?
  • Wie alt ist die Website?

Kontaktieren Sie mich gerne für ein unverbindliches Angebot. Hier geht es zu den Kontaktmöglichkeiten.

6. Fazit: Wie geht es weiter?

Vorbereitung auf die gesetzliche Pflicht

Prüfen Sie, ob Ihre Website den Anforderungen des BFSG entspricht und lassen Sie sich gegebenenfalls rechtlich beraten.

Nutzen Sie die Chance zur Verbesserung

Nutzen Sie die Umstellung zur digitalen Barrierefreiheit, um Ihre Website auch technisch auf den neuesten Stand zu bringen. Eine barrierefreie Website ist nicht nur gesetzeskonform, sondern auch besser für SEO und Nutzerfreundlichkeit.

Unterstützung und Beratung

Benötigen Sie Hilfe bei der Umsetzung? Kontaktieren Sie mich gerne über info@blickfang-webdesign.de.

Handeln Sie jetzt und machen Sie Ihre Website barrierefrei!

Die Perspektive ist klar: Die Pflicht zur digitalen Barrierefreiheit wird in Kraft treten. Sie sollten das Thema möglichst bald angehen, damit Sie sich später keine Sorgen mehr machen müssen.